Reichsheimstättengesetz und -vertrag
Das Reichsheimstättengesetz von 1920 war nach den politischen Vorstellungen des Bodenreformers Adolf Damaschke (1865-1935) gestaltet. Es sah vor, dass der Eigentümer eines als Reichsheimstätte genutzten Eigenheims vor den Forderungen von Gläubigern und somit vor der Zwangsversteigerung geschützt war. Dieser Schutz entstand, indem der Eigentümer mit dem Herausgeber der Heimstätte - im Fall der Siedlung Praunheim der Stadt Frankfurt - einen bindenden Heimstättenvertrag abschloss.
Reichsheimstättengesetz und -vertrag
Das Reichsheimstättengesetz von 1920 war nach den politischen Vorstellungen des Bodenreformers Adolf Damaschke (1865-1935) gestaltet. Es sah vor, dass der Eigentümer eines als Reichsheimstätte genutzten Eigenheims vor den Forderungen von Gläubigern und somit vor der Zwangsversteigerung geschützt war. Das Gesetz band die Eigentümer aber auch an bestimmt bodenpolitische Ziele.
Der Schutz und die Bindung entstanden, indem die Eigentümer mit dem Herausgeber der Heimstätte - im Fall der Siedlung Praunheim der Stadt Frankfurt - einen bindenden Heimstättenvertrag abschlossen. Der Vertrag räumte der Stadt Frankfurt ein Vorkaufsrecht vor Nichtverwandten ein, ermöglichte Hypothekenbelastungen nur zweckgebunden zur Instandhaltung der Heimstätte und sah eine Preiskontrolle durch den Heimstättenherausgeber vor. Dadurch sollte die dauerhafte Zweckerhaltung der Wohnungen und Häuser als sozial gebundener Wohnort gewährleistet werden und die spekulative Verwertung durch die Eigentümer verhindert.
Das Vorliegen eines Heimstättenvertrags wurde als sog. "Heimstättenvermerk" ins Grundbuch eingetragen. Bis zur Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes 1993 war die Siedlung Praunheim die größte Reichsheimstättensiedlung überhaupt.
Der Praunheimer Reichsheimstättenvertrags enthielt die Auflage an die Siedler einen Siedlerverein zu gründen. Über den Verein sollten die Bewohner der Siedlung interne Angelegenheiten regeln und ihre Interessen nach außen vertreten.
Ab 1988 wurde es möglich, die Löschung des Reichsheimstättenvermerks im Grundbuch zu beantragen und durchzusetzen. Durch die vollständige Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes 1993 verschwanden sämtliche Verpflichtungen der Hausbesitzer gegenüber der Stadt. Die Siedlung Praunheim wurde gesetzlich zu einer herkömmlichen Reihenhaussiedlung. Der Siedlerverein blieb bestehen.
Finanzierung des Reichsheimstättenprogramms
Um das Reichsheimstättenprogramm zu finanzieren, wurde in Deutschland für Hausbesitzer die Hauszinssteuer eingeführt. Mit dieser Steuer wurden Gewinne der Immobilienbesitzer abgeschöpft, die diese während der Inflation von 1922/23 erzielt hatten. Die Geldentwertung hatte nämlich die Schulden, die auf Immobilien lagen, entwertet, die Häuser selbst hatten aber ihren Wert behalten.
Dank der Hauszinssteuer konnte pro neuerrichteter Wohnung eine Hypothek von 6000,- Goldmark zu einem Zinssatz von 1 bis 3% ausgeschüttet werden. Daneben wurde das Bauprojekt durch Zuschüsse aus dem Stadtetat und Darlehen der städtischen Sparkasse mit einer Verzinsung zu 8% finanziert.
Der Kaufpreis eines Eigenheims lag je nach Bautyp zwischen 14.000,- und 22.000,- RM. Für den Kauf war außer einer Grundeinlage von 500,- RM kein weiteres Eigenkapital erforderlich. Zur Tilgung der Darlehen und Zinsen aus der Hauszinssteuerhypothek und der städtischen Darlehen mussten bei einer Laufzeit von 33 bis 46 Jahren monatlich zwischen 57,- RM und 95,- RM aufgewendet werden. Dies waren bei einem durchschnittlichen Arbeitermonatsverdienst von 240,- RM (Stand 1925) etwa 24% bis 40% des Monatslohns.
Einwohner der Reichsheimstätte in der Siedlung Praunheim
Die ersten Bewohner der Siedlung Praunheim wählte die Stadt Frankfurt als Herausgeber der Heimstätte aus. Bevorzugt erhielten folgende Personengruppen Wohnraum:
- Kriegsteilnehmer,
- Witwen von Gefallenen,
- kinderreiche Familien,
- Frankfurter, die der Stadt eine brauchbare Altbauwohnung überließen,
- bereits seit einem Jahr als wohnungssuchend Gemeldete.
Die erste Statistik zeigt folgende Zusammensetzung der Erstsiedler:
- 33% städtische und staatliche Beamte,
- 26% Arbeiter,
- 24% Kaufmännische Angestellte,
- 17% Technische und Bankbeamte, freie Berufe, Lehre.
Siehe auch
- Zur Geschichte der Reichsheimstätten vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsheimstätte.